Hoch über dem Wald steht der Mond.
Weiß und bleich sieht man ihn kaum.
Auf dem Gras liegt der Tau, der hell im Licht glänzt und tanzt.
Die Luft riecht feucht und schwer – es ist noch früh.
Ein Reh steht am Rand des Felds und äst.
Kaum ein Mensch nimmt das Tier wahr.
Denn der Mais ragt hoch und das Grün ist dicht.
Das Reh hebt den Kopf, spitzt ein Ohr und schaut zum Weg.
Da war doch ein Laut, der nicht sein darf?
War das der Fuchs?
Oder gar ein Wolf?
Das Reh ist starr vor Furcht.
Es harrt still aus und lauscht.
Es blickt sich um, geht ein Schritt vor und sieht zum Wald.
Sein Kopf ragt hoch aus dem Mais, so sieht es mehr.
Doch weit und breit: nichts.
Das Reh bellt kurz auf und warnt.
Was knackt da im Gras?
Das Reh senkt den Blick.
Ein Halm knickt um.
Dann, tief im Mais, blitzt ein Punkt weiß auf:
Es ist ihr Kitz.
Das Reh stupst es sanft am Fell und weiß, was es will:
Die Zeit war dem Kitz zu lang.
Sein Durst brennt, der Bauch schreit:
Milch.
27. Oktober 2023